Digitaler Nachlass

1. Januar 2020

Jeden Tag sterben über 2000 Menschen in Deutschland. Fast jeder von ihnen ist im Internet unterwegs gewesen, doch kaum einer hat eine Vollmacht für den digitalen Nachlass hinterlassen, geschweige denn eine Übersicht über alle Accounts im Netz. Für die Hinterbliebenen ist es eine schwere Aufgabe, dieser Hinterlassenschaft gerecht zu werden. Rechtzeitig vorzusorgen ist daher umso wichtiger.

Erbe sein ist schwer

Zu allen emotionalen Aspekten kommt jede Menge Bürokratie hinzu – von der Sterbeurkunde bis zum Erbschein. Noch mühsamer ist es oft, wenn es um den digitalen Nachlass geht. Ob Zugang zum E-Mail-Account oder Facebook- und Instagram-Profil – diese Daten müssen oft erst ermittelt werden.

Zudem ist zu entscheiden, wie damit umgegangen werden soll. Soll das Facebook-Profil als Erinnerung erhalten bleiben oder gelöscht werden? Was passiert mit den Daten von Dritten, die dort enthalten sind? Neben rechtlichen erwachsen hier auch moralische Fragen – und finanzielle.

Denn so manches Onlineportal ist kostenpflichtig. Und solange der Anbieter nichts vom Tod des Nutzers erfährt, läuft der Vertrag weiter. Zu Lasten der Erben. Entscheidende Hinweise auf laufende Verträge, offene Rechnungen und Onlinemitgliedschaften liefern oft die E-Mails des Verstorbenen. Doch auch dazu muss man erst einmal Zugang erhalten.

Worauf Erben achten sollten

Einzelne Social-Media-Portale gehen sehr unterschiedlich mit Zugriffswünschen von Erben um:

  • Google: Verwandte können mit einem gewissen bürokratischen Aufwand Zugriff auf die mit dem Google-Account eines Verstorbenen verbundenen Anwendungen erhalten. Wer möchte, dass nach seinem Tod seine Daten gelöscht werden, kann dies mit dem Kontoinaktivitäts-Manager selbst festlegen.
  • Facebook: Wer sich als Angehöriger ausweist, kann das Facebook-Profil des Verstorbenen löschen oder in den sogenannten Gedenkzustand versetzen lassen. Dann ist es nur noch für Freunde und Familie einsehbar. Direkten Zugang zum Account gewährt Facebook den Hinterbliebenen nicht.
  • Twitter: Auch beim Kurznachrichtendienst muss man seine Identität als Familienmitglied nachweisen. Anschließend kann man die Löschung des Accounts veranlassen.
  • Xing: Beim Karrierenetzwerk läuft es andersherum. Hier kann man den Tod eines Nutzers melden. Anschließend versucht Xing drei Monate lang, den Betroffenen zu erreichen. Gelingt dies nicht, wird der Account gelöscht.

Wie ihr vorsorgen könnt

Wenn ihr euren Erben Mühe ersparen und zudem selbst bestimmen wollt, was mit euren digitalen Hinterlassenschaft geschieht, solltet ihr Vorbeugemaßnahmen treffen:

  • Vollstrecker: Die Verbraucherzentrale rät, eine Person eures Vertrauens zu eurem digitalen Nachlassverwalter zu machen. Ihr könnt ihr eine Vollmacht für euren digitalen Nachlass erteilen. Informiert eure Angehörigen darüber!
  • Dokumentation: Vorlagen für Vollmachten gibt es kostenlos im Internet. Wichtig: Die Vollmacht müsst ihr handschriftlich verfassen, mit einem Datum versehen und unterschreiben. Zudem muss sie über den Tod hinaus gültig sein.
  • Kennwörter: Ebenfalls im Internet findet ihr Vorlagen für tabellarische Übersichten, in denen ihr vermerken könnt, welche Accounts ihr besitzt, wie die Zugangsdaten lauten und was mit den Accounts und ihren Inhalten geschehen soll. Haltet das Dokument ständig aktuell.
  • Aufbewahrung: Diese Übersicht s  olltet ihr sicher hinterlegen – etwa auf einem kennwortgeschützten USB-Stick in einem Schließfach. Der digitale Nachlassverwalter sollte über den Ort und das Passwort Bescheid wissen.
  • Vorsorgen: Nutzt Optionen wie den Kontoinaktivitäts-Manager von Google, um selbst euren Nachlass zu regeln. Kontaktiert die Betreiber von Shopping- und anderen Internetportalen, bei denen ihr registriert seid, und hinterlegt eure Wünsche, wie mit euren Daten verfahren werden soll.
  • Hardware: Leget fest, was mit Computern, Smartphones und Tablets sowie den dort gespeicherten Daten geschehen soll.

Einige Rechtsschutzversicherungen decken die Notarkosten für eine Testamentsberatung inklusive digitalem Nachlass ab. Prüfen Sie, ob dies im Leistungsumfang Ihrer Rechtsschutzversicherung enthalten ist.

Zudem nimmt die Zahl der Firmen zu, die die kommerzielle Verwaltung des digitalen Nachlasses übernehmen. Allerdings lässt sich nicht immer beurteilen, wie sicher die Daten dort verwaltet werden. Erkundigt euch auf jeden Fall nach dem Leistungsumfang und den Kosten. Vertraut einem solchen Anbieter auf keinen Fall Kennwörter oder Computer und andere Hardwaregeräte an.