Temporäre Senkung der Mehrwertsteuer - das müsst ihr wissen

Grund für die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer: In den vergangenen Monaten haben viele Unternehmen deutlich die Auswirkungen der Corona-Krise zu spüren bekommen und teilweise große Verluste gemacht. Die Absenkung der Mehrwertsteuersätze von 19 auf 16 Prozent beziehungsweise von sieben auf fünf Prozent (ermäßigter Satz) soll die Kauflaune der Deutschen wieder erwecken und die Wirtschaft ankurbeln.  Wir haben die wichtigsten Infos für Privatpersonen und Gewerbetreibende zusammengefasst.

Was bedeutet die Maßnahme der temporären Senkung der Mehrwertsteuer konkret?

Als „Herzstück des Corona-Konjunkturpakets“ bezeichnet der bayerische Ministerpräsident Söder die Absenkung der Mehrwertsteuersätze. Im zweiten Halbjahr dieses Jahres senkt die Bundesregierung sowohl den regulären als auch den reduzierten Mehrwertsteuersatz. Das bedeutet, dass Unternehmen zwischen 1. Juli und 31. Dezember 2020 statt der regulären 19 Prozent nur noch 16 Prozent Mehrwertsteuer berechnen. Der reduzierte Satz, der beispielsweise für Lebensmittel, Bücher oder auch Hotelübernachtungen gilt, wird analog dazu von sieben auf fünf Prozent abgesenkt.

Die Rechnung der Bundesregierung ist  einfach und an den ökonomischen Trickle-Down-Effekt angelehnt: Sinkende Kosten auf Anbieterseite führen zu sinkenden Preisen für Verbraucher. Das belebt die Kauflaune und führt folglich zur Wiederbelebung der Wirtschaft. Durch die Steigerung der Binnennachfrage hofft die Politik eine ökonomische Abwärtsspirale zu stoppen, die aufgrund der Corona-Krise bereits eingesetzt hat.

Aus wirtschaftlicher Sicht ist diese Maßnahme durchaus positiv zu bewerten. Die Steuersenkung wirkt branchenübergreifend und direkt. So erwartet die Bundesregierung alleine durch dieses Instrument einen Konjunkturimpuls von 20 Milliarden Euro.


2. Welche Herausforderungen kommen jetzt auf Unternehmen zu?

Eine einfache Faustregel hilft: Je mehr Kundenkontakt, desto größer können Herausforderungen sein. Theoretisch müssen Preisschilder verändert und Kassen umgestellt werden. Wer jetzt die Prospekte bekannter Discounter oder Baumärkte aufschlägt, wird dort ungewohnt krumme Preise finden. Auch die Werbung oder der Online-Shop müssen von den Unternehmen angepasst werden. Das bringt administrativen und operativen Aufwand mit sich, die je nach Umfang des Produktangebotes unterschiedlich hoch ausfallen können. Zudem müssen diese Änderungen sechs Monate später wieder zurückgenommen werden. Inwiefern die dadurch entstehenden Kosten den Konjunkturimpuls schmälern, ist derzeit nicht absehbar.

Wo ein Wille ist, findet sich aber bekanntlich auch ein Weg. Und zum erfolgreichen Unternehmertum gehört auch immer ein Stück Kreativität: So reicht es im Handel beispielsweise, mit Plakaten oder ähnlichem auf die Senkung der Mehrwertsteuer hinzuweisen und den Preis dann an der Kasse zu reduzieren. Ein sogenannter Rechnungsrabatt ist nach Einschätzung von Experten sowohl juristisch als auch verbraucherrechtlich möglich. Nur bei preisgebundenen Waren wie Büchern, Zeitschriften oder Zeitungen greift diese Vorgehensweise nicht.

Womit zudem zu rechnen ist: Viele Kunden könnten mit ihren Investitionen abwarten, bis die Steuersenkung im Juli greift und im Juni besonders sparsam sein.


3. Wie wirkt sich die Mehrwertsteuersenkung auf den Verbraucher aus?

Fest steht: Wir alle werden die beschlossene Mehrwertsteuersenkung unmittelbar in unserem Geldbeutel spüren; Jeder Einkauf, jede Hotelübernachtung und jeder Shoppingausflug ist direkt davon betroffen. Wie hoch die Entlastung für den Einzelnen ausfällt, hängt vom individuellen Ausgabeverhalten ab.

Grundsätzlich gilt: Die Entlastung wird sich bei eurem wöchentlichen Einkauf in der Summe weniger stark auswirken als bei der Anschaffung teurerer Waren. Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnen damit, dass die Ersparnis über das gesamte zweite Halbjahr pro Haushalt zwischen 157 und 696 Euro betragen könnte. Geld, das dann wiederum an anderer Stelle für weitere Investitionen zur Verfügung stünde. Wenn ihr euch also schon lange einen großen Traum wie ein Auto oder eine super Soundanlage erfüllen wolltet, dann ist jetzt der perfekte Zeitpunkt.

Zwingen kann man Unternehmen allerdings nicht, die Steuersenkung eins zu eins an den Kunden weiterzugeben. So bleibt Unternehmen eine Menge Spielraum, um darüber zu entscheiden, wie sie mit der Steuersenkung umgehen.

Manche Firmen und Händler könnten den Steuernachlass auch nutzen, um bei stabilen Endpreisen die Marge zu erhöhen. Das ist zwar nicht im Sinne der Bundespolitik, aber durchaus legitim. Ökonomen rechnen damit, dass die Preissenkungen bestenfalls zu etwa 75 Prozent an Verbraucher weitergereicht werden.

Erfahrungen mit temporären Senkungen dieser Art konnten bereits in Großbritannien gesammelt werden. Hier wurde die Mehrwertsteuer 2009 als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise gesenkt. Studien belegen, dass die Preisnachlässe dort immerhin zu 75 Prozent an Kunden weitergegeben wurden.


4. Wie geht die Sparkasse Nürnberg mit der Mehrwertsteuersenkung um?

Auch wir wollen mithelfen, die Folgen der Corona-Krise abzumildern und geben deshalb die Senkung der Mehrwertsteuer an unsere Kunden weiter. Allerdings unterliegen die meisten Produkte eines Finanzinstituts nicht der Umsatzsteuer, wodurch sich für unsere Kunden nur wenige Auswirkungen ergeben. Zum Beispiel sind die Gebühren für Girokonten oder Kreditkarten bei Privatkunden umsatzsteuerfrei. Einzelne Produkte, wie zum Beispiel Wertpapierdepots oder Konten von Firmenkunden mit einer vertraglich vereinbarten Umsatzsteueroption hingegen profitieren von der temporären Änderung. Kunden mit entsprechenden Produkten werden von uns über die Erstattung oder die temporäre Anpassung der Preise informiert. Selbst müsst ihr nichts veranlassen.


5. Wie wirkt sich die Senkung der Mehrwertsteuer auf die deutsche Gesamtwirtschaft aus?

Es ist schwierig, diese Frage pauschal zu beantworten: Zu viele Faktoren und Unwägbarkeiten machen eine genaue Prognose unmöglich. Im besten Falle geben viele Unternehmen und Händler die Preissenkungen weiter, die Deutschen stürmen die Innenstädte und sparen durch die Senkung der Mehrwertsteuer so viel Geld ein, dass auch der nächste Einkauf eine sichere Sache ist. Das würde den Umsatz von Händlern, Gastronomen, Zulieferern und vielen weiteren Wirtschaftsakteuren steigern und zur Belebung der Binnenökonomie führen.

Wie viel das ausmacht bleibt ungewiss. Denn niemand kann garantieren, dass wenige Prozentpunkte Preisnachlass die Kauflaune wirklich derart antreiben, dass sich das in den Läden und letztlich in den Büchern bemerkbar macht.

Damit sich die Senkung der Mehrwertsteuer deutlich auf die gesamtdeutsche Wirtschaft auswirkt, ist es wichtig, dass Unternehmen diese nicht allzu stark zur internen Sanierung nutzen. Denn sollte sich an der Ladenkasse für den Endkunden nicht tatsächlich ein günstigerer Preis bemerkbar machen, wird das die Kauflust nicht wie gewünscht positiv beeinflussen.

Diese Steuersenkung ist einer der wenigen Fälle, in denen das berühmte Strohfeuer erwünscht ist. Was sonst eher als negative Beschreibung wirtschaftspolitischer Maßnahmen genutzt wird, ist jetzt gewollt: ein spontanes, intensives Aufflammen der Kaufkraft und Kauflust. Wenn daraus ein nachhaltiges Nachglühen wird, hat die Maßnahme ihre Wirkung voll entfaltet.


5. Ist damit zu rechnen, dass die Mehrwertsteuer dauerhaft niedrig bleibt?

Sinn und Zweck der Steuersenkung ist es, die Deutschen jetzt zum Investieren zu animieren. Jeder, egal, ob Unternehmer oder Verbraucher, kennt zeitlich begrenzte Sonderaktion und deren Effekt: Kaufrabatte und Ähnliches funktionieren dann am besten, wenn der Aktionszeitraum künstlich verknappt wird.  Und so sollte auch die Mehrwertsteuersenkung funktionieren.

Denn wissen wir, dass wir den Neuwagen, die Jeans oder ein neues Smartphone auch noch im Januar 2021 günstiger bekommen, verpufft der akute Kaufanreiz. Es ist also nach heutigem Stand nicht damit zu rechnen, dass die Mehrwertsteuersätze auch über 2020 hinaus auf abgesenktem Niveau verbleiben.

Quelle: www.sparkasse.de