BILDUNG
Was morgen zählt
TextAlicia Reimann
Erinnern Sie sich noch an Ihr Klassenzimmer von damals? Fanden sich darin hölzerne Tische, einzeln oder in Reihen gestellt, mit Namen und Bildchen bekritzelt? Sicherlich haben Sie eine dunkelgrüne Tafel im Kopf, auf der die Lehrkraft mit weißer Kreide Aufgaben notierte. Werfen Sie heute einen Blick in die Schulen, so merken Sie: Viel verändert hat sich noch nicht. Ein paar Tafeln sind großen Whiteboards gewichen. Ansonsten: alles beim Alten. Doch die Wende steht bevor: Die Schule der Zukunft lebt nicht mehr von stumpfem Auswendiglernen aus Büchern, von Tafelputzen und Zuhören. Sie wird digitaler, persönlicher, inklusiver und zielt auf die kognitiven Fähigkeiten der Kinder ab. Tablets und Co. sind keine Besonderheit mehr, sondern Standard. Die Schüler*innen stellen in interaktiven Projekten gemeinsam Lösungswege für fächerübergreifende Problemstellungen auf, mal im Team, mal selbstständig. Und werden so bestmöglich auf ihre ganz individuelle Zukunft vorbereitet – fachlich und persönlich.
Ich werde die Weltverändern als...
Foto: ©Fabian Birke
„… Lokführerin. Zugfahren finde ich schon immer cool. Da kann man sich entspannt reinsetzen und die Landschaft zieht an einem vorbei. Deshalb würde ich gerne mal einen Zug selbst steuern.“
– Saphira, 6. Klasse
Foto: ©Fabian Birke
„… Polizistin. Ich möchte nach der Schule den Menschen helfen. Bei der Polizei kann ich viel Gutes tun und mich wie eine echte Superheldin fühlen. Am liebsten wäre ich so wie Spider-Man.“
– Charlotte, 5. Klasse
Foto: ©Fabian Birke
„… Informatiker. Auf jeden Fall will ich im IT-Bereich arbeiten. Ich beschäftige mich jetzt schon sehr viel mit Technik und finde alles interessant, was neu entwickelt wird. Das macht mir Spaß.“
– Paul, 6. Klasse
NUR EIN SCHÖNER TRAUM?
An der Bertolt-Brecht-Schule (BBS) wird Unterricht wie dieser bald Wirklichkeit. Damit die Kinder in der „Schule der Zukunft“, wie die BBS seit etwa 40 Jahren bezeichnet wird, weiterhin optimale Lernbedingungen vorfinden, wird aktuell gebaut. Viel gebaut. Und sehr viel investiert. Insgesamt 176 Millionen Euro. Waren die Lehrpläne und Unterrichtsmethoden lange auf die Dauer der Schulzeit ausgelegt, geht es den Verantwortlichen der BBS darum, weit nach vorne zu denken und die rund 1.900 Schüler*innen für ein Leben neben und nach der Schulbank zu rüsten. Weltveränder*innen im Sinne des Namensgebers auszubilden, die ihren konstruktiven Teil zu einer sich ständig entwickelnden Welt beitragen. Der alte Bau der BBS, errichtet in den 1970er-Jahren, hat nun seinen Dienst Was morgen zählt Bildung getan. Nicht nur, dass er mittlerweile stark sanierungsbedürftig ist, wie Dr. Harald Schmidt, Schulleiter der BBS, erklärt. Sondern auch, weil das Gebäude die Standards einer modernen Bildungseinrichtung nicht mehr erfüllt. Die Schüler*innen der BBS haben längst ein gutes Gespür dafür, welche Voraussetzungen für ihren ganz persönlichen Lernerfolg gegeben sein müssen. „Ich mag Gruppenarbeiten, bei denen wir gemeinsam eine Lösung erarbeiten. Die machen mir mehr Spaß als alleine zu lernen“, so die Fünftklässlerin Charlotte. Und Paul aus der sechsten Klasse ergänzt: „Da kann man viel voneinander lernen. Wir brauchen aber auch neue Technik, damit wir uns in der Zukunft auskennen.“
Die Promenade zwischen Schulgebäude und Sporthalle erhält die Sichtachse Burg-Märzfeld über die Große Straße.
Foto: ©Ackermann+ Renner Architekten GmbH
MEHR INDIVIDUALITÄT,ORIENTIERUNG, MODERNITÄT
Der Neubau der BBS zahlt auf diese Entwicklungen ein. Dafür sorgen insbesondere Sabine Stahl, Abteilungsleiterin ÖÖP-Management bei der WBG KOMMUNAL, und Projektleiter Michael Schmidt in Zusammenarbeit mit dem Berliner Architekturbüro Ackermann + Renner. Der Schulterschluss mit der Stadt Nürnberg vereint Expertise und Erfahrung in einer sogenannten Öffentlich- Öffentlichen Partnerschaft, kurz ÖÖP. Die Sparkasse Nürnberg begleitet das Projekt als Finanzierungspartner von Anfang bis Ende. Das Besondere an dem Bau ist seine Clusterstruktur: Vier unabhängige Baukörper sind durch eine Schulstraße im Inneren verbunden. Über diese Straße ist es möglich, in die einzelnen Baukörper abzuzweigen. Jeder von ihnen hat eine eigene Funktion. Einer ist speziell für die jüngeren Klassenstufen vorgesehen, einer widmet sich den Naturwissenschaften. Hier finden sich im Erdgeschoss Werk- und Zeichenräume sowie Lehrküchen, in den höheren Stockwerken schließen sich Chemie- und Physikräume an. Jeder Baukörper soll sich nach einem kleinen Zuhause anfühlen. Einem geschützten Ort, in dem sich jedes Kind frei entfalten, ungestört lernen und sich wohlfühlen kann. Ein Campus für das Lernen der Zukunft. „Ich arbeite am liebsten selbstständig“, so Saphira aus der sechsten Klasse, „dafür brauche ich stille, helle Klassenzimmer und muss zwischendurch frische Luft schnappen können.“ Das kann sie künftig in den Außenräumen tun: Ein Hof bietet Möglichkeiten zur Bewegung, ein anderer zum Lesen, ein weiterer definiert sich als Werkhof. Damit ermöglicht die Architektur die individuellen Ansprüche, die beim Lernen der Zukunft eine übergeordnete Rolle spielen werden. An der Planung und Umsetzung waren deshalb bereits im Vorfeld nicht nur die WBG KOMMUNAL und das Architektenteam beteiligt. „Schulleitung und Lehrerschaft sind eng in die Realisierung eingebunden“, betont Sabine Stahl, „damit der Neubau wirklich allen zukunftsgerichteten, pädagogischen Anforderungen entspricht.“ Deshalb erhält etwa die Mensa einen modernen Anstrich und wird zur Cook & Chill Area. Große Tische für jüngere Kinder, die gerne in Gruppen essen, kleinere für die Jugendlichen, die eher die Coffee House Atmosphäre mögen.
Michael Schmidt und Sabine Stahl von der WBG KOMMUNAL bringen den Bau der Schule mit 350 Arbeitskräften der Firma
ZÜBLIN voran.
Foto: ©Fabian Birke
PROFIKARRIERE IM SPORT?WARUM NICHT!
Zeitgleich mit dem Bau der Unterrichtsgebäude wird der Sportkomplex der Schule fertiggestellt; Herzstück der erfolgreichen Eliteschule des Sports, die die BBS seit 2012 ist. Bereits seit 2008 als Eliteschule des Fußballs anerkannt, hat sich das Sportangebot vor Ort stetig weiterentwickelt. In Nürnberg gibt es vier Bundesstützpunkte: für Mountainbiken, Triathlon, Ringen und Taekwondo. Den 2018 fertiggestellten Neubau des Trainingszentrums für Taekwondo, in unmittelbarer Nähe der BBS, unterstützte die Zukunftsstiftung der Sparkasse Nürnberg mit 750.000 Euro. Außerdem sind hier fünf Landesstützpunkte für Schwimmen, Badminton, Fechten, Leichtathletik und Basketball beheimatet. Alle jugendlichen Kaderathlet*innen, die an diesen Stützpunkten trainieren, tun dies in Abstimmung mit der BBS. Der Ausbau des Sportkomplexes in Kombination mit dem Neubau ist der nächste logische Schritt. „Wir wollen unseren Schüler*innen Bestbedingungen bieten, um sich sportlich zu betätigen und vielleicht sogar den Grundstein für eine Profikarriere zu legen“, so Schulleiter Dr. Harald Schmidt. Der neue Sportkomplex schafft die Voraussetzungen: Der Bau umfasst eine Dreifach- und eine Vierfachhalle. Zusätzlich gibt es Gymnastik- und Krafträume. „Die wenigsten Sporthallen in Nürnberg bieten Möglichkeiten für Fechten, behindertengerechte Sportarten im Rollstuhl oder auch Golf“, so Sabine Stahl. Hier ist es möglich. Eine Talentschmiede, die den Kindern Raum zum Auspowern und Ausprobieren gibt. Und die Hauptpersonen der Schule? Was sagen die eigentlich zu ihrer neuen Schule der Zukunft? „Ich bin gespannt auf die neuen Möglichkeiten in der Sporthalle“, freut sich Saphira. Und Paul sagt: „Wir kriegen bestimmt viele Whiteboards, Tablets und PCs – das wird super!“
Bereits im alten Schulgebäude legte die BBS Wert auf
die neueste Technik.
Foto: ©Fabian Birke
Schulleiter Dr. Harald Schmidt freut sich auf „das neue
Lernerlebnis in einer Schule des 21. Jahrhunderts“.
Foto: ©Fabian Birke